Mainz wächst seit einiger Zeit weniger nach außen, ins Umland hinein als nach innen. Diese Strategie der Nachverdichtung verbraucht weniger Land und Geld als die Neuerschließung. Allerdings verschärft sie auch die Aufheizung einer Stadt in Kessellage. 

Gleiches gilt für die Luftwerte, da Bebauung immer Verkehr generiert und zugleich bodenwarme Inversionswetterlagen über dem Stadtgebiet steigert. Manchmal werden zudem Frischluftschneisen durch Neubauten behindert, sodass die nächtliche Abkühlung schwindet.

Die Gefahr einer in der Stadt gesteigerten Klimakrise erfordert zwingend, auf weniger Freiflächen mehr Pflanzendichte herzustellen, daher rührt meine Initiative für mehr vertikale, platzsparende Begrünung. Vertikale Brachen sind oft winzig vom Bodenbedarf und noch in großer Zahl verfügbar. 

Allerdings braucht es dazu einen Mentalitätswechsel: Mehr Lust am Lebendigen, selbstständig Wuchernden, am Unaufgeräumten, kurz: Spaß an kleinen, grünen Nischen in der Stadt. Genau dazu sollen die Fotos und Argumente dieser Website animieren.

Doch weiter im Text: Nachverdichtung. Zu ihr würde ich sogar private Moden zählen: Gärten werden zurückgebaut, um pflegeleichte Schotter-, Pflaster- oder Mähroboterflächen zu schaffen. 

Mauern, Plastik- und Metallzäune ersetzen Hecken. Gartenfirmen wie Private schneiden radikaler zurück denn je, Handarbeit macht Maschinenrasur und Laubbläsern Platz. 

Solche Effizienz drängt nicht nur die Natur selbst zurück, sondern auch unseren Bezug zu ihr, unser Naturerleben.

Backofeneffekt garantiert

 Viele öffentliche Bauprojekte machen sterile Versiegelung zum Vorbild für urbane Eleganz (s. Foto). Bei der Sanierung historischer Mauern wird ein schneller Nachbewuchs unterbunden. Noch gibt es auf Baustellen keine Kultur der Rücksicht auf vorhandene Bäume oder Gehölze, auch außerhalb der Baufenster wird gerodet, oft lange vor Baubeginn. Selbst im Bebauungsplan als schützenswert ausgewiesene Bäume fallen (z.B. die 80jährige Linde, MLK, 2019). Immer wieder sieht man leere Pflanzteller, wo etwas einging und nie ersetzt wurde. 

Fazit: Trotz Klimanotstands läuft die Versteinerung von Mainz auf Hochtouren, – bis auf erste Ansätze, lesen Sie weiter…

Hoffnungsschimmer

Die Stadt hat sich durch eine wissenschaftlichen Studie (Klimprax, Expertenmeinung) mit Stadtklimaprognosen und hitzebedingten Gesundheitsrisiken befasst. Frischluftquellgebiete (v.a. im Taunus) und Luftströme sind genau bekannt und fließen z.T. in Bebauungspläne ein. Eine Neubauverordnung, die Fassaden- oder Dachbegrünungen vorschreibt, ist angedacht. Eine neue Grünsatzung, als Offensive gegen Schottern und Pflastern, ist durch den Koalitionsvertrag vom 14.2.2020 beschlossen, nur noch nicht ausformuliert.

Politisch ging die grüne Fraktion aus den Kommunalwahlen 2019 gestärkt hervor, der Stadtrat rief den Klimanotstand aus (Sep. 2019) und unterzeichnete eine Biodiversitätsstrategie (AZ vom 6.Feb. 2020). Nach meinen knappen Recherchen stecken diese beiden Punkte noch im Stadium der guten Vorsätze.

Und es gibt ganz praktische Erfolge wie die Renaturierung des Gonsbachtals.

Außerdem: Der Radverkehr hat spürbar zugenommen, m.E. mit den Vorteilen des „critical mass“-Effekts, also einer gewissen Sicherheit durch Präsenz und Sichtbarkeit im Gesamtverkehr. Zahlen dazu gibt es noch nicht (AZ vom 14.2.’20). Zum Jahreswechsel wurden die öffentlichen Fahrpläne verbessert, ob tatsächlich im Sinne einer Verkehrswende, wird diskutiert (AZ, 14.2.). Sicher besteht auf all diesen Gebieten schneller Handlungsbedarf.

Die Grüne Brücke über die Rheinallee

Zu den Hoffnungsschimmern kann man auch das urbane Gärtnern zählen (z.B. im Verein Alte Patrone , durch über 300 Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft SoLaWi Mainz, im Stadtteilgarten Gartenfeld des BUND). 

Auch traditionelle Formen der Stadtgärtnerei, nämlich Schrebergärten und Baumtellerpat*innen sind nicht zu verachten; unter Citygrün Mainz finden Sie einige öffentliche Gärten, Parks und Plätze. Aufwändig waren die Pflanz- und Pflegeeinsätze des NABU an der Zitadelle und der Grünen Brücke. Allmählich bleiben mehr Blütenwiesen ungeschoren, z.B. ein Wiesenbiotop des Grünamts oberhalb des Taubertsbergbads und ein Wieseneck der „Wohnbau“ im MLK-Park (s. Foto).

Nun zur Hoffnung, die bgrün² hegt: Kletterpflanzen sind schneller wachsend und meist problemloser als Bäume und Gehölze. Unzählige kahle Zäune, Mauern und Pfosten warten nur darauf, berankt zu werden (s. Kampagne). Efeu zum Beispiel zerlegt rückstandsfrei das giftige Benzol, – unermüdlich, immergrün. 

An Kletterpflanzen gibt es blühende, ein- und mehrjährige, essbare, zarte und wüchsige. Auch alte Gärten haben oft noch Platz am Zaun. Pflanzen auch Sie hoch 2! Oder werden Sie Pate/Patin einer durstigen Jungplanze in Ihrer Nachbarschaft! Pflanztipps und Fotostrecken dieser Website helfen dabei und machen – hoffentlich – Lust.

                                            …tiefer einsteigen: Expertenmeinung