rasanter
Wandel
Frühling
Sommer
Herbst
und wieder Sommer.....
bald
nie mehr kalt
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Der in Mainz ausgerufene Klimanotstand ist nicht nur Rhetorik, sondern stützt sich auf wissenschaftliche Messungen und Voraussagen. Auch die Hitze mildernde Wirkung von Stadtgrün ist bewiesen. Klimabedingt steht ein Wandel an, den wir deutlich zu spüren bekommen, aber auch mitgestalten können.

Am 7. November 2019 lud die Stadt zur Bekanntmachung der Klimprax-Studie ins Rathaus. Über Jahre wurde der Großraum Wiesbaden-Mainz kartiert, für Prognosen multifaktoriell modelliert und auch, was die betroffene Bevölkerung betrifft, untersucht. Zu diesem letzten Punkt gleich vorweg: besonders ärmere und ältere Personen in der Altstadt, der Neustadt und Mombach werden zunehmend Gesundheitsgefahren durch Hitzewellen ausgesetzt, während der drei Hitzesommer seit 2003 starben in ganz Deutschland ca. 20 000 Menschen mehr als in gemäßigten Sommern. 

Jährliche Hitzetage mit über 25° C werden in mehr als zehn Jahren von aktuell 65 auf 85 steigen, davon fast die Hälfte mit über 36° C. Der Rekord 2019 war lag bei 42,6°. Und die Rekorde werden sich nur noch jagen, abwärts geht der Trend schon lange nicht mehr. Die Tropennächte mit über 20° Tiefsttemperatur werden sich verdoppeln. In Mainz herrschen 6-7° C höhere Temperaturen als im Umland. So stark ist nämlich der Backofeneffekt einer Stadt. Obwohl Frischluftschneisen für die nächtliche Abkühlung wesentlich sind, gelten sie bislang noch als „weiche Faktoren“ im Abwägungsprozess von Baugenehmigungen. Alle genannten Zahlen gehen von gemäßigten Gesamtklimaentwicklungen aus; Genaueres unter den Links (s. „Über den Tellerrand“).

Zum Kernthema von bgrün2 zitiere ich Dieter Krellmann, der 2018 in „essbares Darmstadt“ schrieb: „In der Stadtplanung stehen Grünflächen in direkter Konkurrenz zu anderen Notwendigkeiten wie dem Wohnungsbau (…). Vertikale Begrünungen an Fassaden und Wänden stellen ein vielversprechendes Konzept dar, um Grünanlagen außerhalb dieser Flächenkonkurrenz zu realisieren. Die ökologischen Funktionen und Dienstleistung, die Pflanzen bereitstellen, können somit auch an stark verdichteten Standorten genutzt werden.“

Er führt aus, dass Luftschadstoffe nicht nur an der Blattoberfläche gebunden oder aufgenommen werden können, sondern auch im Wurzelraum vollständig abgebaut; an beiden Prozessen sind Mikroorganismen beteiligt, welche an der Pflanze leben. Stichwort für Wissendurstige: Phytoremediation. Das Darmstädter Projekt der vertikalen Tunnelbegrünung, das Krellmann propagiert, wird der erste Feldversuch sein, der die Entgiftungspotentiale von Pflanzen außerhalb eines Labors testet. Solche Laborbeweise gibt es schon jahrzehntelang, durchgeführt von der Nasa, die v.a. Zimmerpflanzen für die Luftfilterung in der Raumfahrt erwog. Unter den bei uns einheimischen Arten sind die mit starker Entgiftungswirkung seltener als im Regenwald: Efeu, Chrysanthemen, Moose und Farne zählen dazu.

Blattwerk, das Umkehr-Kraftwerk 

Am 20.7. 2006 maß man vergleichend in der Frankfurter Zeil die absoluten und gefühlten Temperaturen auf kahlem und auf baumbestandenem Platz: 2° C, gefühlt 4° C Unterschied, wobei es nicht einmal besonders große, alte Bäume waren, die hier klimatisierten (Quelle: Klimprax MZ/WI). In der Mainzer Hindenburgstraße ist der Kühleffekt bestimmt größer. 

Technische Klimaanlagen heizen, da sie, mit elektrischer Energie befeuert, Wärme aus einem Raum ins Freie transportieren, mit den typischen Energieverlusten jeglicher Arbeit. Pflanzliche „Klimaanlagen“ arbeiten dagegen effektiv kühlend. Eine Pflanze ist nicht nur eine physikalische Beschattung, die Licht reflektiert und sich selbst erwärmt, sondern sie verarbeitet eintreffende Sonnenenergie chemisch zu Biomasse, will heißen: Sie nimmt Hitze aus dem System, Stichwort Photosynthese. Außerdem kühlt sie durch Verdunstung, was wieder den sogenannten gefühlten Temperaturwerten zugute kommt.